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Geschichte
Rückblick auf eine bewegte Geschichte

„Der Gedanke, eine eigene Verbindung zu gründen, war schon im Jahre 1925 unter den in Leuven weilenden neubelgischen Studenten aufgetaucht. Als nun im Oktober 1926 neuer Nachwuchs aus Neubelgien kam, versammelte man sich am 25. Oktober im Gambrinus“, heißt es im ersten Protokollbuch (1927-1933) der Eumavia Lovaniensis.

Gründung im Winter 1926

Die Gründungsversammlung fand am 11. Dezember 1926 im Löwener Café Suisse statt. Der Abend wurde durch Peter Maraite, Medizinstudent aus Malmedy, präsidiert. In dieser und den folgenden Versammlungen stimmte man für das in Studentenvereinigungen übliche Tragen von Couleurbändern und Kopfbedeckungen. Bei letzterer entschied man sich nach Diskussionen für eine Mischung aus den in Aachen und Löwen getragenen Mützen, allerdings in grüner Farbe. Bei den Bändern wählte man in Anlehnung an die Stadtwappen von Eupen, Malmedy und St. Vith die Farben Grün-Weiß-Rot. Die Verbindung wurde auf den Namen „Eu-Ma-Via“ – für Eupen, Malmedy und St. Vith – getauft. Nachdem dem Vize-Rektor die Statuten vorgelegt worden waren, wünschte dieser den Studenten Glück zur kühnen Unternehmung und meinte, das sei ein vorzügliches Mittel, um in Eupen-Malmedy Propaganda für die Löwener Universität machen zu können. Die Eumavia wurde somit unmittelbar nach ihrer Gründung offiziell anerkannt.

Das Tragen deutsch-flämischer Kopfbedeckungen – auch wenn diese ein wenig Zeit brauchten, um sich durchzusetzen – rief im frankophonen Teil Belgiens Reaktionen hervor. Ein Mitarbeiter der katholischen Tageszeitung La Libre Belgique brandmarkte dies als „Verpreußung der Malmedyer Wallonen“ innerhalb der Eumavia. Die Studentenvereinigung stützte sich in ihrer Organisationsform aber nicht nur auf deutsche, sondern auch auf flämische Modelle. In dieser Hinsicht wussten die Ostbelgier sich zu verteidigen und konnten sogar auf die Unterstürzung des Vize-Rektors zählen. Aber auch innerhalb der Eumavia gab es Konflikte. So weigerten sich drei Mitglieder die Mützen zu tragen und verließen die Verbindung.

Da die Studenten aus einem zweisprachigen Gebiet stammten, wurde auf den Aktivitäten sowohl Deutsch als auch Französisch, das anfangs einen Vorzug genoss, gesprochen. Ziel der Vereinigung war es, den Eupen-Malmedyern in Löwen durch Gemeinschaftsgeist ein Stück Heimat und Halt im Studium zu geben. Diese Zielsetzung gilt auch heute noch, doch war sie früher von weitaus größerer Bedeutung. Damals konnten sich die Studenten nämlich nicht leisten, jedes Wochenende heimzufahren. Die Stadt Löwen war das neue Zuhause und die Eumavia die neue Familie.

Im Sog des Nationalsozialismus?

Die besonderen politischen Begebenheiten in Eupen-Malmedy – 1919 war das Gebiet nach rund 105-jähriger preußischer Herrschaft Belgien, das sich auf die Grenzen der südlichen Niederlande von vor 1815 berief, zugesprochen worden – hatten auch Einfluss auf die Eumavia. Auf deutscher Seite, wo der Versailler Vertrag als „Diktat“ heftig kritisiert wurde, bemühte sich der Verband für das Deutschtum im Ausland (VDA) um Kontakte zur Eumavia. Parallel dazu hatte sich das Auslandsamt der deutschen Studentenschaft als Ziel gesetzt, eine pangermanische Studentenvereinigung unter dem Namen „Lovania“ zu gründen. Die Eumavia sollte in dieser Hinsicht eine Brückenfunktion einnehmen, um die Schweizer und Luxemburger Studenten, zu denen die Ostbelgier bereits damals gute Kontakte pflegte, zu beeinflussen. Sie hielt diesen Versuchen jedoch stand, indem sie sich einer politischen Neutralität verpflichtete. Wie in Eupen-Malmedy selbst, gab es auch unter den etwa 10 Mitgliedern der Eumavia „pro-belgisch“, „pro-deutsch“, „pro-nationalsozialistisch“ und neutral Gesinnte. In dieser Hinsicht ist es nicht verwunderlich, dass vor allem ab 1938 bisweilen braunes Geld in die Kassen der Eumavia floss und vereinzelte Mitglieder mit Nachdruck volksdeutsches Gedankengut pflegten.

Mit dem 10-jährigen Bestehen der Eumavia, wurde 1936 auch eine Altherrenschaft gegründet. Durch die völkerrechtswidrige Annexion Eupen-Malmedy-Sankt Viths ans ‚Dritte Reich’ am 18. Mai 1940, wurde die Eumavia aufgelöst. Die betroffenen Studenten wurden dazu aufgefordert, sich der Universität zu Köln anzuschließen.

Neuanfang, Spannungen und Umsiedlung

Erst im November 1947 wurde die Eumavia neugegründet und schlug einen neuen Kurs ein, der sich – wie auch in weiten Teilen Europas – u.a. durch das Verdrängen der jüngeren Vergangenheit charakterisierte. In den Nachkriegsjahren war der Kontrast zwischen der nunmehr wieder belgischen Heimat und Löwen wohl am stärksten. Während Ostbelgien unter der Säuberungswut der sogenannten Armée Blanche zu leiden hatte, bot die Universitätsstadt einen Hort der Sicherheit und Ordnung. Der Rektor begrüßte die Wiederaufnahme der Aktivitäten der Eumavia bei einer Kneipe mit den Worten „Je souhaite que vous vous sentiez chez vous!“. Ähnlich verhielten sich die Dachverbände der wallonischen und flämischen Studenten. Die Fédération Wallonne des Régionales de l’UCL (kurz Fédé genannt) reagierte eher kühl, während der Verbond versuchte, die ostbelgischen Studenten für die flämische Sache zu gewinnen.

Das Verdrängen der Vergangenheit ging mit einer starken Identifizierung der Mitglieder mit der Gruppe Eumavia einher. Diese äußerte sich im verstärkten Gebrauch von Identifikationssymbolen wie Band, Mütze und einem strengen Kneipcomment. Die Eumavia nahm alte Kontakte, wie zu d’Letzeburger ze Lewen, wieder auf und pflegte zahlreiche Bekanntschaften innerhalb der Fédération Wallonne des Régionales und des Verbonds sowie mit ausländischen Verbindungen.

Die Eumavia und der belgische Sprachenstreit

In den fünfziger Jahren keimte jedoch der belgische Sprachenstreit weiter. In diesem Kontext unterstützte der Löwener Historiker Léopold Génicot die Selbstbewusstseinsentwicklung der Deutschsprachigen. Der Innenminister Albert de Vleeschauwer (CVP) mahnte seinerseits: „Laat U niet verfransen!“. Diese Identitätssuche fern von den Repressionen und der gegen die deutsche Sprache gerichtete Kahlschlagpolitik in Eupen-Malmedy sollte letztendlich auch einen wichtigen Einfluss auf die spätere Entwicklung Ostbelgiens haben.

Der Reform- und Revolutionsgeist sowie die innen- und außenpolitischen Ereignisse der sechziger Jahre waren zukunftsbestimmend sowohl für die Löwener Universität als auch für die Eumavia. Innerhalb der Vereinigung kam es wiederholt zu Spannungen zwischen der Aktivitas, die Reformen anstrebte, und der Altherrenschaft, die an strikten Traditionen und ihren Werten festhielt. Auf politischer Ebene hatten die sprachlichen und sozialen Veränderungen eine direkte Auswirkung auf die Organisation der Universität. Die bereits 1932 eingeführte sprachliche Doppelbesetzung der Lehrveranstaltungen wurde 1962 auf alle Fachbereiche ausgebreitet. Nur ein Jahr später kam es zur Spaltung der Fakultäten. Die stets ansteigende Zahl der Studenten machte eine Umstrukturierung unumgänglich. Die „Walen buiten“-Bewegung und der Sturz der Regierung besiegelten schließlich die Teilung der Alma Mater im Jahre 1968. Die Eumavia, die sich stets um Neutralität in diesem Konflikt bemüht hatte, sah sich gezwungen, mit den wallonischen Studenten nach Louvain-la-Neuve zu ziehen.

Louvain-la-Neuve und der Bruch mit der Altherrenschaft

Am 2. Februar 1971 wurde der Grundstein für die neue Stadt in der Nähe von Wavre rund 30 km südlich von Löwen und Brüssel gelegt. Ein Jahr darauf kamen die ersten Studenten. Der Umzug aller Fakultäten dauerte bis 1980, so dass die siebziger Jahre eine Übergangsphase darstellen. In dieser Zeit kam es innerhalb der Eumavia zu einem Generationenkonflikt, der die bereits spärlichen Kontakte zwischen Aktivitas und Altherrenschaft vollkommen abbrechen ließ. Letztere hielten verkrampft an ihre traditionsgebundenen Werte fest, während die jungen Eumaven der Nachkriegsgeneration mit Uniform, Säbel und strengem Regelwerk nichts anzufangen wussten. Das 50. Jubiläum, das ein Freudenfest hätte sein sollen, wurde nicht gemeinsam gefeiert. Bei gewissen Aktiven wurde der Hass dermaßen hochgeschaukelt, dass ein Teil der traditionellen Symbolgegenstände Opfer von Schändungsritualen wurden.

Die damaligen Ghettoartigen Verhältnisse in Louvain-la-Neuve sowie Nachwuchsprobleme und Unstimmigkeiten mit dem Service des Logements der Universität führten Ende der siebziger Jahre zu Existenzproblemen der Eumavia. Schließlich standen die Mitglieder vor der Wahl, eine Erneuerung anzustreben oder den Verein bachab gehen zu lassen.

Geschichtsbewusstsein und das Leben in der Fédé

1983 schloss sich die Eumavia der Fédération Wallonne des Régionales an und führte eine neue Kopfbedeckung ein. Die Calotte, verbunden mit deutschsprachigem Liedgut und den alten Couleurbändern, ermöglichte den ostbelgischen Studenten, sich den neuen Begebenheiten anzupassen. Gleichzeitig nahmen sie wieder Kontakt mit der Altherrenschaft auf. Eigene, gewinnbringende Veranstaltungen ermöglichten es der Aktivitas, mittlerweile auch finanziell unabhängig zu sein. Die entfernten Traditionen rufen seitdem eher geschichtliche Neugierde bei den Jüngeren hervor.

Heute gehört das Erlernen der Vereinsgeschichte zum Aufnahmeritus für künftige Calotte-Träger. Der Name, die Farben Grün-Weiß-Rot, sowie die Biernamen (heute „Taufnamen“ genannt) haben bis heute überlebt. Als Aufnahmeritual hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Studententaufe wie sie an allen anderen frankophonen Universitäten des Landes üblich ist, durchgesetzt. In der folklorereichen Landschaft Louvain-la-Neuves hat die Eumavia eindeutig ihren Platz gefunden. Wie bei den Anfängen kann man eine gewisse Offenheit zu den anderen Studentenvereinigungen beobachten. Die Fédé wirkt nicht zuletzt wie ein Schaufenster auf die Wallonie, Luxemburg und Brüssel. Hier werden Kontakte geknüpft, die auch im Leben der Abstudierten von Bedeutung sein können.

Das 80. Stiftungsfest

Während das Stiftungsfest in den letzten Jahrzehnten bis auf einigen Ausnahmen in Louvain-la-Neuve oder Löwen stattfand, entschloss man sich im November 2006 das 80. Jubiläum in Eupen zu begehen. Mit einer aufwendigen Photoausstellung, die einen geschichtlichen Rückblick des Vereinslebens bot, einer Podiumsdiskussion zur gesellschaftlichen Rolle der deutschsprachigen Studenten Belgiens und einer stark besuchten Stiftungskneipe war das Fest ein Symbol für den mittlerweile wieder fest hergestellten Zusammenhalt zwischen Ehemaligen und Aktiven.

Philippe Beck v. Catwizzle
 
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